Videokunst und Performance-Aktion im Werk von Ulrike Rosenbach

Video und Performance waren in den siebziger Jahren zwei unzertrennliche Komponenten in meiner künstlerischen Arbeit. Zur künstlerischen Aktion oder „ Performance Art“ kam ich durch die Beobachtung, daß der Prozeß der Gestaltung einer Skulptur oder eines Objekts mich weit mehr interessierte als das plastische Endprodukt.

1972 sah ich die ersten Filme und Fotos zum Thema „BODY ART“ in einer Ausstellung mit Dennis Oppenheim, Vito Acconci und anderen Künstlern aus New York. Ich war fasziniert von der Gleichartigkeit der Ideen und Ansichten mit meinen eigenen Experimenten. Körperliche Prozesse während der Aktion in „close-shots“ mit der Videokamera aufzunehmen, entsprach genau auch meinen eigenen Überlegungen. Die technische Entwicklung war in Nordamerika allerdings viel schneller fortgeschritten. Ich, als Bewohnerin Mitteleuropas, hatte Schwiergkeiten, in Deutschland ein Videostudio zu finden, daß auf einem amerikanischen Standard arbeiten konnte. Es war schließlich erst 1971. Ich erstand meine eigene, erste Videoausrüstung von der Firma Philips, schwarz-weiß Kamera und im Halbzollverfahren - und aus einem Quelle Katalog für 990, - DM. So begann ich jene kürzeren Videoaktionen zu produzieren, die als meine ersten Videoarbeiten bekannt wurden, aber in der Tat auch gleichzeitig Körperaktionen waren, die ich vor der feststehenden Kamera in meinem Atelier aufnahm. (Fotos : Einwicklung mit Julia , 1972)

1973 wurde ich eingeladen, an einem sehr experimentellen und darum damals wichtigen Event-Ereignis in New York teilzunehmen, bei dem sich alle meine Künstlerfreunde aus New York trafen um an ihren neuen Ideen über elektronische Musik und künstlerische Aktion, genannt „Performanceart „ , zu arbeiten. Der Raum hieß „112 Greenstreet „ in Soho ,die teilnehmenden Künstler waren Leute wie Chris Burden, Dicky Landry, Vito Acconci und viele andere. Der Kurator der Avantgardezeitung AVALANCHE, Willouby Sharp, hatte dazu eingeladen. Meine Aktion hieß „Isolation ist transparent „ und sollte zeigen, wie direkte „live“ und gleichzeitig mit Video aufgenommene und wiedergegebene Videobilder, (closed-circuit) sich voneinander unterscheiden, bedingt durch die Manipulation des Mediums Video. (Foto: Isolation ist transparent, 1973)

„Isolation ist transparent“ manifestierte das Konzept meiner Video-Performance-Arbeit . Die Videokamera hing unter der Decke und übertrug die Aktion von oben in den durch eine transparente Wand abgeteilten Zuschauerraum. Die Zuschauer sahen mich agieren und gleichzeitig sahen sie die Videoaufnahme der Kamera von oben. Von einem Blickwinkel aus, den sie auf jeden Fall nicht in Persona einnehmen konnten - zwei gleichzeitige und verschiedene Ansichten einer Aktion. Dieses Konzept behielt ich bis zu Beginn der achtzigerJahre für meine Performanceaktionen bei. Außer der oben beschriebenen Studioaufnahmen entstanden Videoarbeiten so fast ausschließlich bei diesen Video-live-Aktionen - wie zum Beispiel „10.000 Jahre habe ich geschlafen“, 1977 in Aachen und Berlin und „Frauenkultur - Kontaktversuch“ im gleichen Jahr im Folkwangmuseum Essenund in Melbourne. Anfang der achtziger Jahre war dieser Abschnitt der künstlerischen Performanceaktion beendet. Ich hatte das Gefühl, den begrenzten Einsatz des „close-circuit-Verfahrens“ erweitern zu müssen. Die gesamte Video-Technik hatte sich in den letzten 10 Jahren enorm verändert. Seit 1978 war ich im Besitz einer Farbkamera. Es gab inzwischen Farbsysteme, und ich hatte meinen ersten eigenen Schnittrecorder. War ich in den siebziger Jahren aus technischen Gründen darauf angewiesen gewesen, die ganze Länge einer Aktion ungeschnitten aufnehmen zu müssen, so konnte ich nun ganz neue Wege gehen. Ebenfalls gab es nun auch vermehrt Video-Groß-Projektoren, mit denen Video wie eine Film an die Wand projeziert werden konnte. Die Zeit der Monitor-Ideologie neigte sich dem Ende entgegen und die Schwierigkeit genügend viele Videomonitore für eine Videoperformance zu bekommen wich allmählich dem Hardware-Überfluß. Meine Performanceaktionen hatten nun viel komplexere Abläufe. Indem ich die Kamera von meinem Körper abgelöst hatte, begann ich mit sehr intensiven Bewegungsimprovisationen in einem inszenierten Raum zu arbeiten, der häufig nach der Performance als Rauminszenierung zu einer Ausstellung wurde. Der Raum selbst, ein sehr sorgfältig ausgeklügeltes Ensemble aus Materialien und vorproduziertem Video, wurde während der Aktion, in einem transformatorischen Prozeß umgewandelt und verändert. Transformation blieb das Thema der Aktionen dieser Jahre. Zu den Performance-Vorführungen und den dafür produzierten Videoarbeiten, wurden nun auch Videodokumentationen der Performance hergestellt. Aus diesen Videodokumentationen, von denen meist mehrere Aufzeichnungen existierten und dem vorproduzierten Band, komponierte ich eine neue Videoproduktion, die den Ablauf der ursprünglichen Performance nicht dokumentarisch wiedergeben sollte, sondern eine neue, eigenständige Arbeit zum Thema war. ( Foto: Eulenspieglerin, 1984)

Auch die neueren Performancearbeiten werden in dieser Manier komponiert und aufgeführt. Die Großbildleinwand spielt darin eine hervorragende Rolle. Ton, Material und Bewegung der Performerin bilden eine Einheit vor dem Background der Großprojektion. Die dafür notwendige Dunkelheit verhindert des Öfteren die Entstehung von gutem Dokumentainsmaterial, zum Beispiel bei der 1989 entstandenen Arbeit „Die Erdenfahrt“. Immer wichtiger werden deshalb die Fotoarbeiten, die aus einer Performance-Dokumentation herausgezogen werden und dann in Serien zusammengestellt, eigene, authentische Fotoserien bilden. (Foto: Ishtar von Babylon, 1995)

Ulrike Rosenbach 1998