Zum Werk der Medienkünstlerin Ulrike Rosenbach

Alexandra Wessels

Schon seit den frühen 70er Jahren arbeitete Ulrike Rosenbach am liebsten live und zugleich mit dem damals neuen Medium der elektronischen Bildaufzeichnung. – und dabei sind „live“ und das reproduzierende Medium Video kein Widerspruch. Denn sie setzte dabei oft die Videokamera ein und arbeitete closed circuit, d.h. mit zeitgleicher Bildwiedergabe und sie nutzte damit auch diese besonderen Möglichkeiten des Mediums. Die ältere Künstler-Generation ihrer Lehrer nutzte den Live-Aspekt einer Aktion (so nannte man damals in den 60er Jahren die Performances) so z.B. Joseph Beuys, Ulrike Rosenbachs Lehrer an der Düsseldorfer Kunstakademie. Doch eine Einbeziehung medialer Möglichkeiten in die Aktion blieben Ausnahmen. In dieser älteren Generation sollten auch die Aufzeichnungen dieser Aktionen von anderen gemacht werden, Aktion und Aufzeichnungs-Medium waren getrennt, der Künstler ließ sich sozusagen von außen betrachten. Ulrike Rosenbach wurde der Prototyp einer neuen Künstlergeneration: sie dachte präzis auch über die Vermittlung der Performance in medialer Form nach und schuf spezielle formale Standards, die wiederum eigenständigen Kunstcharakter haben. Aktion und die Video-Aufzeichnung zur/über die Aktion waren im künstlerischen Rang gleichwertig, das Videoband ein gleichrangiges Kunstwerk. Wie in den Werken, in denen sie das Medium Video selbst einbezog, zeigt sich dieser doppelte Medien-Aspekt auch bei ihren amerikanischen Kollegen. Bruce Naumann setzte seine Körper-Raum-Erfahrung und Vito Acconci seine poetisch-aggressiven, verführerischen Aktionen in Videobänder um, die nicht nur als Dokumentationen, sondern als eigenständige Werke gelten können. Vergleichbar faszinierten die einprägsamen Bilder der einerseits poetisch-sensiblen Aktionen, die andererseits unmißverständlich ein neues, selbstbewußtes Rollenverständnis der Frau demonstrierten. Dieser scheinbare Widerspruch einer sanften, präzisen Bildsprache mit feministisch gesellschaftspolitischem Gehalt wird von ihr in künstlerisch eindringlichen und intensiven Videobändern künstlerisch genutzt. Wie richtig sie mit ihrer Kunst lag, mag man daran erkennen, daß einige TheoretikerInnen der zeitgenössischen Kunstszene die formalen Aspekte betont wissen wollten und Ulrike Rosenbachs Werke eher im Zusammenhang mit der konzeptuellen und minimalen Kunst sehen wollten, wobei die inhaltliche Dimension der engagierten Aussage eher als zweitrangig angesehen wurde – und natürlich umgekehrt. So kann die Videoarbeit „Tanz für eine Frau“ aufgrund der statischen Kamera-Einstellung von oben und ihrer ungekürzten Originallänge ohne Bildschnitte, aber auch wegen der sich ständig in einer Kreisbewegung drehenden Aktionistin :“der tanzenden Frau“, mit Richard Serra‘s Videostück „Falling Lead“, 1973, verglichen werden, in dem Serra‘s Hand fortwährend ein von oben fallendes Stück Blei zu greifen versucht. Der Minimalismus der Form in der genannten Arbeit von Ulrike Rosenbach assoziiert , wenn dann nach sieben Minuten die tanzende Frau erschöpft zusammenbricht – bekannte Kulturphänomene . Die schöne Bewegung des Tanzes bei angenehmer Walzermusik hat sich im Laufe des Fortgangs der reduzierten Handlung aufgrund der ständigen Wiederholung für die Zuschauer in eine erschreckende Tortur verwandelt, deren Ende man befürchtet und zugleich herbeisehnt!

Im weiteren Verlauf Ihrer künstlerischen Entwicklung besticht Rosenbach immer wieder durch den sparsamen, präzisen Einsatz von medialen Möglichkeiten wie zum Beispiel in der Arbeit „Reflexionen über die Geburt der Venus“, die durch den einfachen Einsatz einer Diaprojektion, sehr viel räumlicher und plastischer wirkt als es die technischen Überblendungsmöglichkeiten späterer Computer-Bearbeitung zugelassen hätten. Ab Mitte der achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts veränderte sich mit den neuen digitalen Bildbearbeitungstechniken auch die Videokunst von Rosenbach und komplizierte Bild-kompositionen mit Keybearbeitung und Überblendungen prägten den Stil Ihrer Videostücke, die sie dann vorwiegend in Medieninstallationen und Videoskulpturen einsetzte.

Wulf Herzogenrath, 2002